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GEWÜRZE
 

Die chinesische Kunst des Würzens ist auf fünf Grundmöglichkeiten zurückzuführen, die je nach Gericht in den verschiedenen Phasen des Zubereitens oder Essens ausgenutzt werden. Das Zusammenspiel zwischen den Garprozessen, die oft in mehreren Stufen ablaufen, und den verschiedenen Würzphasen macht das Geheimnis und die hohe Kultur Chinesischer Küche aus.

Aus folgenden fünf Grundbestandteilen setzt sich der Geschmack eines chinesischen Gerichts zusammen:

1. Die Hauptzutat: Sie bestimmt den Charakter des Gerichts. Häufig geht es nur darum, ihren Eigengeschmack besonders hervorzuheben.

2. Die begleitenden Zutaten: Sie werden mit der Hauptzutat gegart oder vermischt. Sie haben in der Chinesischen Küche häufig so viel Gewicht, daß sich manchmal schwerlich sagen läßt, was nun Hauptzutat und was Begleitung und Unterstützung ist. In diesem Fall unterstützen und beeinflussen die verschiedenen Aromen der begleitenden Zutaten nicht nur den Geschmack, sondern verleihen dem Gericht noch zusätzliche Fülle.

3. Die würzenden Zutaten: Sie werden in geringen Mengen zugefügt: frisch, getrocknet und auf andere Weise zubereitet oder konserviert. Sie haben aromaverändernde oder -unterstützende Funktion. Wir Chinesen würzen nicht so häufig mit Kräutern wie westliche Köche (obwohl manchmal Heilkräuter ihren Weg ins Essen finden), aber wir haben eine Vielzahl getrockneter und eingelegter Zutaten, die ausschließlich diesen Zweck erfüllen.

4. Die Gewürze und die Saucen: Wir verwenden durchweg die gebräuchlichsten Gewürze. Chinesische Saucen aber sind im Grunde sehr einfach, längst nicht so elaboriert wie beispielsweise die französischen. Man könnte sie »natürliche Saucen« nennen, denn sie ergeben sich meist ganz natürlich aus dem Garprozeß. Normalerweise werden sie in der letzten Garphase bereitet, beim letzten kurzen Erhitzen, mit etwas kräftiger, aber neutraler Hühnerbrühe und kleinen Mengen würzender Zutaten.

5. Die Tafelsaucen und andere Würzmittel bei Tisch: Sie spielen beim chinesischen Essen eine viel größere Rolle als in jeder anderen Küche. Oft werden sie nach alten Rezepten angerührt und sind ein wichtiger Teil der Gerichte, die sie begleiten. Man stellt sie meistens kurz vor dem Essen her und verteilt sie in kleinen Schälchen und Schüsselchen - nie in Flaschen! - an wohlbedachten Plätzen auf dem Tisch. Nach allem, was bisher gesagt wurde, muß man annehmen, daß sämtliche chinesische Speisen die fünf Würzphasen durchlaufen, bevor sie auf die Tafel kommen. Es gibt aber Speisen, die nahezu ungewürzt auf den Tisch gestellt werden. Manche von ihnen werden zwar mit frischen Zutaten angereichert, aber praktisch kaum gewürzt; sie müssen von jedem Tischgast selbst nach eigenem Belieben abgeschmeckt werden.

Andere Gerichte wieder entbehren aller würzenden Zutaten überhaupt und brauchen unbedingt ein Finish mit Gewürzen oder Tafelsaucen. Man fügt diese gleich nach dem Auftragen hinzu und muß dann nicht mehr nachwürzen. Wieder andere Gerichte werden »au na-turel« gegart und erst gegen Ende der Garzeit mit Würzmitteln abgeschmeckt. Und dann gibt es noch solche mit nur wenigen würzenden Zutaten, die gleich zu Beginn des Garprozesses zugefügt werden, so daß sich ihre Aromen im Garmedium (z. B. Fett, Dampf) aufschließen und zur Wirkung kommen können. Außerdem gibt es Gerichte, die während jeder Stufe des Garprozesses von neuem mit Würzsauce oder -mischungen versehen werden müssen. Häufig hängt die Art des Würzens sehr eng mit der Garmethode zusammen. Die Kombinationen aus all diesen Grundmöglichkeiten sind so zahlreich und vielfältig, daß sie wahrlich ein gründliches Würzstudium rechtfertigen sollten!

Die Würzzutaten

In der chinesischen Fisch- und Gemüseküche verwendet man die begleitenden Zutaten, wenn überhaupt, nur zum Garnieren. Man bereitet Fisch und Gemüse lieber mit verschiedenen Gewürzen zu, die ihr Aroma verstärken oder unerwünschten Beigeschmack (zum Beispiel das »Fischige« am Fisch) übertönen sollen -oder beides. Natürlich sind es dieselben Gewürze, die man auch beim Zubereiten von Fleisch, Reis oder Nudeln anwendet.

Die Gewürze in der Chinesischen Küche kann man in zwei große Gruppen einteilen: frische, stark aromatische Kräuter und Gemüse einerseits und getrocknete, eingelegte und eingesalzene Zutaten andererseits. Die frischen Würzmittel kennt man im Westen auch: Zwiebeln, Schnittlauch, Knoblauch, Ingwer und Koriandergrün (Cilantro). Bei den getrockneten und eingesalzenen oder eingelegten scheinen wir Chinesen jedoch über eine größere Vielfalt zu verfügen. Es ist eine bekannte Tatsache, daß viele Nahrungsmittel sehr viel intensiver schmecken, wenn sie getrocknet werden, und sie verlieren diese Aromakraft auch durch Einweichen in Wasser nicht. Im Gegenteil, chinesische Trockenpilze schmecken nach dem Einweichen stärker und würziger als frische. In der Chinesisehen Küche werden eingeweichte Trockenzutaten gerne vor dem eigentlichen Pfannenrühren mit frischen zusammen geröstet, damit ihr Aroma ins Öl zieht, wovon wiederum alle anderen Zutaten profitieren, die später darin gebraten werden. Die beliebtesten getrockneten oder eingesalzenen Würzzutaten tierischen Ursprungs sind getrocknete Shrimps, Jakobsmuscheln (ohne Corail), Austern und Muscheln, getrockneter Tintenfisch, getrocknete Abalone und Herzmuscheln, eingesalzene Ente (oder Entenfüße und Entenleber), eingesalzene Eier, eingesalzener Fisch, geräucherter Schinken, kleine kanto-nesische Würstchen und Fleischwolle aus Fukien. Die Würzmittel pflanzlicher Herkunft sind natürlich noch viel zahlreicher. Die beliebtesten sind: getrocknete Pilze, getrocknete Baumpilze (Wolkenohren - man schätzt sie eher ihrer Konsistenz als des Geschmacks wegen), getrocknete Orangenschale, getrocknete Lilienknospen (Goldene Nadeln), eine ganze Auswahl verschiedenster konservierter Kohlarten (zum Beispiel Szechuan-Kohl, Schanghai-Kohl oder Winterkohl), eingelegte Rübchen und Petersilienwurzeln, getrocknete Chilis, eingelegte Senfsprossen, Lotussamen, Lotuswurzeln, Melonenkerne, getrocknete Lychees oder Longans, getrocknete Kum-quats (winzige ovale Orangen), getrocknete Datteln, Zimtstange, schwarze Bohnen (fermentiert und eingesalzen), Anis, Sternanis und Fünf-Gewürz-Pulver (zerstoßener Anis, Sternanis, Fenchelsamen, Nelken und Zimt — wird häufig in der Fleischküche verwendet, besonders in Rindfleischgerichten). All diese verschiedenen Würzzutaten, ob frische, getrocknete oder eingesalzene, ob tierischen oder pflanzlichen Ursprungs, eröffnen hunderterlei Möglichkeiten für zahllose immer neue Geschmackskompositionen.
Vielleicht ist das der Grund, warum ein französischer Wissenschaftler einmal zu mir sagte, die Chinesische Küche habe mehr mit Chemie als mit Kochkunst gemeinsam!

Die Gewürze und Saucen

Chinesische Gewürze und Saucen können je nach Verwendungszweck in Marinaden, Gewürzmischungen, Würzsaucen, Salatsaucen und Tischwürzen in Form von Dips und Saucen unterteilt werden. In einer chinesischen Restaurantküche sind die verschiedenen Zubereitungsaufgaben genau festgelegt und verteilt. Wenn auch die Hauptarbeit aller Vorbereitungen vom Sous-Chef (dem Assistenten des Küchenchefs) erledigt wird, so wacht doch der Küchenchef über alles: die Garvorgänge, die Hitzezufuhr und das Würzen und Abschmecken. Selbst wenn er seine Aufgaben mit Schwung und großer Geste erfüllt, wird er doch dem Würzen seine ganz besondere Aufmerksamkeit schenken und das rechte Maß finden. Im Grunde sind die in der Chinesischen Küche verwendeten Gewürze denen der westlichen Küche gleich: hauptsächlich nimmt man Salz, Pfeffer, Essig, Senf und Chili (Chili fast immer noch als getrocknete Schoten oder Chili-Öl statt in Pulverform). Ein wesentlicher Unterschied: in der Chinesischen Küche wird großzügig mit Zucker hantiert! Des weiteren wird — abweichend von westlichen Kochgebräuchen - in der Chinesischen Küche viel mit Sojabohnen und zahllosen daraus hergestellten Produkten gearbeitet. Eines der — mittlerweile auch im Westen - bekanntesten Erzeugnisse ist die Sojasauce, die in der Farbe von hell bis dunkel variiert und in der Konsistenz von leicht bis schwerflüssig. Dann gibt es noch Würzpasten aus fermentierten eingesalzenen schwarzen Bohnen, Sojabohnenpaste (sie wird aus zerdrückten braunen Sojabohnen hergestellt, die mit Salz, Zucker, Knoblauch und Sojasauce zu einem cremigen Brei gerührt werden) und Sojabohnenquark (oder -käse). Wenn man unterschiedliche Mengen dieser Bohnenprodukte mit entsprechenden Mengen Wein, Zucker und Glutamat vermischt, entsteht eine Würzsauce, die nahezu jedem Gericht ein unvergleichliches Aroma verleiht. Ich nenne diese Mischung deshalb auch gern das Schießpulver der Chinesischen Küche. Ein bedeutender französischer Impfarzt fand heraus, daß Sojabohnen einen Stoff enthalten, der den Menschen besonders empfänglich für kulinarische Reize macht. Er meint, wir Chinesen hätten da zufällig etwas entdeckt, das unbedingt weiter erforscht und ausgenützt werden müsse. Aber was immer auch in Sojabohnen stecken mag - wir haben es sicherlich längst erforscht und uns zu Nutze gemacht. Doch ist die Nutzung der Sojabohne und der daraus hergestellten Produkte wohl der wesentlichste Unterschied zwischen Chinesischer und westlicher Küche.

Neben Sojabohnen verwenden wir in der Chinesischen Küche auch noch Austern- und Fischsauce sowie die bereits erwähnte rote Weinsatzpaste (die es in verschiedenen Farben gibt). Außerdem gehören Se-samöl und Sesampaste zu unserem Würzsortiment, die beide den Speisen einen erdhaften, vollen Geschmack verleihen. Sesampaste kennt man übrigens auch in der Küche des Mittleren Ostens, was lange Zeit von den Franzosen gar nicht beachtet wurde. Und als letztes sind noch die Würzsaucen auf Fruchtbasis zu erwähnen, zum Beispiel die Pflaumensauce und die Hoisin-Sauce.

Außer der Fischsauce, der Weinsatzpaste und den fermentierten schwarzen Sojabohnen, die man ausschließlich während des Kochens zufügen darf, kann man alle anderen Gewürze und Würzsaucen zum Schluß an die Speisen geben, sie für Marinaden verwenden oder als Dips und Saucen auf den Tisch stellen.

Die folgenden Saucen finden in der Chinesischen Küche am häufigsten Verwendung; natürlich sind hier nicht solche angeführt, die während des Kochens von selbst entstehen oder die extra für ein ganz bestimmtes Gericht angerührt werden.

Die Saucen

Alles in allem versuchen wir Chinesen gar nicht erst, die Saucenkunst der Franzosen in Frage zu stellen: bei uns gibt es da keine Geheimnisse. Normalerweise entstehen in der Chinesischen Küche die Saucen während des Garprozesses, indem man das Kochgut mit Brühe (Hühner-, Knochen- oder Fleischbrühe) ablöscht; meist geschieht das in der letzten Garphase. Gleichzeitig fügt man dem Gericht die Gewürze, die Stärkemittel zum Binden (Maisstärke oder Wasserkastanienmehl) oder auch etwas Wein hinzu. Ein chinesischer Koch bereitet seine Sauce zu, ohne überhaupt einen Gedanken daran zu verschwenden.

Für ihn ist sie nur ein winziges Rädchen im großen Getriebe des Kochens. Er glaubt, daß einer, der die Kunst des Schneidens, des Bemessens der Zutaten und Gewürze und der Hitzekontrolle beherrscht, auch in der Lage ist, eine Sauce herzustellen, die ja schließlich nur einen kleinen Teil des großen Ganzen darstellt. Saucen gehören weniger zu ohnehin suppen- oder ein-topfartigen Gerichten wie Schmortöpfen oder Gedämpftem und lange Geköcheltem, sondern hauptsächlich zu einfach gegarten, ausgebackenen oder pfannengerührten Speisen und zu Reis- oder Nudelgerichten, die zusätzliche Geschmackskomponenten brauchen.

Da jedoch in der Chinesischen Küche viel häufiger pfannengerührt als auf andere Weise gegart wird, spielen Saucen bei dieser Garmethode eine große Rolle. Unzählige (vielleicht Hunderte) entstehen im Lauf der Zeit beim chinesischen Kochen, aber sie hängen so eng mit den verwendeten Zutaten zusammen, daß sie keinen besonderen Namen haben - man schenkt ihnen keine besondere Aufmerksamkeit. Sie sind so sehr Teil des gesamten Gerichts, daß man ihnen Eigenständigkeit absprechen muß. Und deshalb haben wir Chinesen viel weniger Probleme mit Saucen als die Franzosen. Wahrscheinlich gibt es in unserer Küche genauso viele verschiedene Saucen wie in der französischen (höchstwahrscheinlich sogar noch mehr). Bei uns gilt eben noch das alte Sprichwort: »Wir haben es, aber wir reden nicht darüber.« Auf einem Gebiet jedoch sind uns die Franzosen überlegen: sie kennen sehr viel mehr kalte Saucen -Mayonnaisen, Vinaigrettes und Salatsaucen. Das liegt wohl daran, daß es bei uns kaum kalte Gerichte gibt. Wir haben eine panische Angst davor, uns unseren Magen zu verkühlen!

Auch wenn wir beide, Chinesen wie Franzosen, als Ausgangsprodukt stets eine gute Brühe verwenden, gibt es doch einen grundlegenden Unterschied beim Saucenmachen: Wir Chinesen legen Wert darauf, kontrastierende Zutaten zu verwenden, wenn wir für ein bestimmtes Gericht die Sauce bereiten. Niemals würde ein Chinese auf die Idee kommen, ein Fischgericht mit Fischsauce zu vollenden - dies würde den Fisch nur »fischiger« machen. Wir nähmen in diesem Fall eine Eier-, Geflügel- oder gar Fleischsauce, die wir mit Zwiebeln, Ingwer, Knoblauch, Chili, Zucker, Wein und eingesalzenen oder eingelegten Würzzutaten anreichern würden. Hier wird wieder das Konzept der Chinesen klar, durch Kontraste eine besondere Wirkung zu erzielen.
Nach dem gleichen Prinzip werden Saucen für Fleischgerichte aus fermentierter Bohnenpaste, Bohnenquark, feingehacktem eingesalzenem Gemüse, Weinsatzpaste, Essig, Obstsäften, kleingeschnittenem Gemüse und eigentlich immer etwas Zucker hergestellt. Zusätzlich aromatisieren wir noch mit grobgemahlenem Reis (goldbraun geröstet), Sesamsamen, Sesamöl und Sesampaste.

Ein rascher Überblick über die kulinarische Landschaft Chinas zeigt, daß das übliche Durcheinanderkochen unterschiedlicher Zutaten meistens die »natürliche« Saucenbildung bewirkt und das Herstellen einer zusätzlichen Sauce überflüssig macht. Mit Wein, Essig und Ingwer verfeinerte natürliche Saucen kontrastieren und harmonieren gut mit Fisch, und solche mit der pikanten Würze von fermentierten Bohnen oder eingelegten Zutaten geben Fleischgerichten das feinste Aroma. In der Hauptsache bestehen chinesische Saucen aus den natürlichen Säften der Zutaten, die beim Kochvorgang austreten, und etwas Brühe, Gewürzen und anderen Würzzutaten. Aber wir kennen auch Saucen, die speziell für bestimmte Gerichte angerührt werden, meist für einfach gekochtes Fleisch oder Geflügel, für Ausgebackenes, für Eier- oderFw-yung-Gerichte und für einige Fischgerichte, bei denen es auf eine kontrastierende Garnitur ankommt.

Natürlich passen diese Saucen am allerbesten zu neutral gekochten Reis- oder Nudelgerichten, vor allem zu Nudeln, die man in China hauptsächlich in vier Formen serviert: gebraten, in Brühe, mit gehackten Schalotten, Knoblauch, Bohnenpaste und Sesamöl (beziehungsweise Sesampaste) oder mit einer Sauce.

Gemäß der chinesischen Tradition haben wir ungezählte Möglichkeiten, unsere Saucen durch Mischen - natürliche mit natürlichen Saucen, natürliche mit speziell hergestellten Saucen usw. - unendlich zu variieren und zu aromatisieren. Chinesische Saucen haben den Charakter von würzigen Cocktails: Wie viele Türen zur Saucenküche tun sich da auf!